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Geschichte in Bildern

Die ausgewählten Bilder stehen für wichtige Ereignisse im Laufe der letzten 150 Jahre. Die Zeitung hat darüber berichtet, Anteil genommen am Geschehen, wurde teilweise auch selbst davon überrascht. Die Ereignisse auf den folgenden Seiten sind bewusst ausgewählt, gleichzeitig aber auch austauschbar. Denn sie sind nicht die absolut korrekten und einzigen Daten, die für den Zeitraum von 1873 bis 2023 stehen. Es ist schlicht eine subjektive Auswahl, die in chronologischer Reihenfolge aufzeigt, wie gewaltig sich das Sarganserland, ja die Welt, auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene in den letzten 150 Jahren verändert hat.

1873

Der 26. März 1873 gilt als Geburtsstunde des «Sarganserländers» – die Erstausgabe bleibt aber verschollen. Die Zeitung mit dem Untertitel «Organ des katholischen Männervereins» wird in Mels gedruckt und herausgegeben und erscheint anfänglich zweimal wöchentlich, am Mittwoch und am Samstag. Die Gründung des «Sarganserländers» kann als Reaktion konservativer Kreise auf das liberale Gedankengut des Konkurrenzblattes «Oberländer Anzeiger» verstanden werden. 

1875

1848 wird der schweizerische Bundesstaat gegründet. Er ist liberal ausgerichtet, die (katholisch) Konservativen hatten den Sonderbundskrieg verloren. Auch im Kanton St. Gallen toben bis anfangs 1880er-Jahre scharfe Parteikämpfe um den Einfluss auf Kirche und Schule. Man nennt die Zeit auch den «Kulturkampf». -Einer der bekanntesten regionalen Politiker, der konservative Kantonsrat Franz Anton Good (1793–1866), schüttelt hier die Maikäfer (symbolhaft für die konservativen Wähler) vom Baum und füllt sie in den Rotstrumpf, das Emblem der konservativen Partei.

1873

1866 erwirbt der Glarner Industrielle Jakob Schuler-Heer oberhalb von Mels 65 000 Quadratmeter Bauland und beginnt mit dem Segen der Gemeinde, das Wasser zu nutzen, eine Zufahrtsstrasse zu bauen und ab 1874 die Fabrik zu errichten. Bereits 1878 surren 43 000 Spindeln und 450 Webstühle. Mels ist ab sofort eng mit der florierenden Textilfabik verknüpft, in den besten Zeiten beschäftigt diese rund 600 Männer und Frauen. Ab 1920 gehört die Fabrik der Familie Stoffel, Ende der 1960er-Jahre zeichnet sich bereits ihr Ende ab. 1995 wird der Fabrikbetrieb eingestellt, ab 2016 haucht «Uptown» dem alten Gemäuer neues Leben ein.

1897

Der Bau der Eisenbahn ins Sarganserland verändert das Leben fundamental. Einerseits wird die Mobilität erleichert, andererseits werden neue Arbeitsplätze geschaffen. Dem Eisenbahnbau (Rorschach–Chur 1858, Zürich–Chur 1859) geht die Melioration der Talebenen im Rhein- und Seeztal voran, was sich wiederum stark auf die lokale Landwirtschaft auswirkt. Sargans kommt als «Doppeltor zu den Alpen» die besonders -günstige Verkehrslage zugute – ausgezeichnete internationale Verbindungen bestehen bis heute. Erst 1927/28 wird der Bahnhof elektrifiziert, aktuell wird er von täglich rund 12 000 Personen frequentiert.

1905

Zwischen 1908 und 1914 amtiert der langjährige «Sarganserländer»-Mitarbeiter Alfred Hiltebrand (1875–1947) als Zeitungsverleger. Er steht für einen neuen, leicht modernisierten Kurs der konservativ-katholischen Zeitung, deren Redaktion zwischen 1909 und 1911 der junge Appenzeller Johann Baptist Rusch übernimmt. Hiltebrand ist neben seiner Zeitungsarbeit aber als guter Fotograf in Erinnerung geblieben: Mehr als 400 Glasnegative hat er überliefert, die der Historische Verein Sarganserland ab 2008 digitalisieren liess und die einen wertvollen Bilderschatz, vorab für das Dorf Mels, bedeuten.

1915

Mels zählt zu Beginn des 20. Jahrhunderts rund 4000 Einwohner; dazu kommen noch mehr Tiere in den Ställen, nämlich 2385 Stück Rindvieh, 85 Pferde, 865 Schweine und 933 Ziegen… Der Erste Weltkrieg (1914–1918) betrifft auch das Sarganserland. Zwar bleibt die Schweiz von militärischen Angriffen verschont, doch ist sie von der Länge des Kriegs und insbesondere von wirtschaftlichen Schwierigkeiten betroffen, selbst Hunger ist ein grosses Thema. Dazu kommen soziale Probleme, die im sogenannten Landesstreik von 1918 kumulieren; eine Arbeitsniederlegung findet auch am Bahnhof Sargans statt.

1927

Das Jahr 1927 markiert die erste grosse Rhein-Überschwemmung, was gut auch auf dem Bild sichtbar ist: Ein altes Auto fährt von der Hochwand in Richtung Vild/Sargans. Die Strasse ist überflutet, ob weitergefahren werden kann, ist unsicher. Laut damaligem Autoindex gehört das Gefährt dem Kurdirektor von Arosa, -Jakob Roffler. In Sargans sind damals ganze acht Autos eingelöst, dazu zwei LKW. In die 1920er-Jahre fällt auch die Wiederaufnahme des Betriebs im Eisenbergwerk Gonzen, mit der Bergbausiedlung Naus. Bis zur Betriebsschliessung 1966 sollten insgesamt 2,7 Mio. -Tonnen Eisenerz gefördert werden; das Bergwerk ist immer auch ein guter Arbeitgeber für Männer der Region.

1939

Am 1. September 1939 beginnt Deutschland mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg. In der Schweiz wird Henri Guisan zum General gewählt und die Armee mit 430 000 Dienst- und 200 000 Hilfsdienstpflichtigen aufgeboten, mobilisiert. Sie leisten oft -monatelang Dienst – kein Wunder, haben sich die Erinnerungen der «Aktivdienstgeneration» tief eingeprägt. Mit der sogenannten Anbauschlacht (verdoppelte Anbauflächen für Getreide) steigt der Selbstversorgungsgrad des Landes von 52 auf 59 Prozent. Wichtiger noch als die verbesserte Ernährungssicherung ist die Symbolkraft für Volksgemeinschaft, Widerstandswillen und Selbstbehauptung bis Ende des Kriegs – die geistige Landesverteidigung (hier ein Bild der Maisernte und des -«Türggäbletterä» der Familie Broder aus Sargans).

1945

Im Rahmen der Landesverteidigung gelangt die -Armee ab 1940 zu einem neuen Verteidigungskonzept: Die Soldaten werden von der Landesgrenze im Norden in das  Réduit zurückgenommen, neben St.-Maurice und dem Gotthard bildet die Festung Sargans einen der Hauptpfeiler davon. Noch heute sind im Sarganserland -Spuren der starken Befestigung wahrzunehmen, die allerdings grösstenteils ab den 1990er-Jahren ausser Betrieb genommen worden ist. In der Gemeinde Wartau ist die -Festung Magletsch als Erinnerungsort zu besichtigen.

1962

Autobahnen (auch Nationalstrassen genannt) – -Synonym für den Fortschritt nach dem Zweiten Weltkrieg! Zunächst werden die Dörfer entlastet, indem am -Walensee und dann von Walenstadt direkt mitten im Seeztal in Richtung Bad Ragaz und Bündnerland eine zweispurige Autostrasse errichtet wird (hier die Ausfahrt Sargans 1962). 1955 zählt man in Walenstadt 1574 Autos pro Tag (im Jahresmittel). Bereits 15 Jahre später (1970) sind es 8900, was einer Zunahme um den Faktor fünf entspricht. Als Spitze werden gar 20 000 -Autos gezählt. Die Nationalstrasse 3 zwischen Flums und -Heiligkreuz wird am 30. November 1970 eröffnet.

1963

Zum Aufbruch des Sarganserlandes, in der Wahrnehmung noch lange als Untertanengebiet bezeichnet, gehören nach dem Zweiten Weltkrieg verschiedene Veränderungen: 1954 wird die Sarganserländische Talgemeinschaft gegründet, eine bis heute wichtige Stimme. Im gleichen Jahrzehnt entfalten in Bad -Ragaz die «Bade- und Kuranstalten» neues Leben und der Sommer- und Wintertourismus in den Flumserbergen und im Pizolgebiet nehmen mit neuem Schwung ihre Fortsetzung. Im Bildungssektor etablierten sich neben der kaufm. Berufsschule 1955 die Berufsschule für Verkauf und insbesondere 1963 die Mittelschule, heute Kantonsschule in Sargans. In den bisher 60 Jahren ihres Bestehens wird sie ständig weiterentwickelt und bildet heute Lern- und Arbeitsort für 950 Personen. Im -Sommer 2023 startet der Aus- und Umbau (bis 2026).

1977

Politisches Ereignis des Jahres bildet der Besuch des Bundespräsidenten Kurt Furgler am 21. Januar 1977 im Sarganserland. Der St. Galler Nationalrat und Rechtsanwalt wird 1971 in die Landesregierung gewählt und steht bis 1986 dem Justiz- und später dem Volkwirtschaftsdepartement vor. Seine Sarganserländer Herkunft aus dem Taminatal wird betont und anlässlich eines vollen Reiseprogramms von Murg durch alle Gemeinden bis nach Valens gefeiert. Die Kinder bekommen schulfrei – und Furgler schreibt im Anschluss ins Sarganserland zurück: «Nach diesem prächtigen Tag in meinem Heimat-bezirk möchte ich euch zurufen: Tragt weiter Sorge zu unserer herrlichen Sarganser Landschaft! Bewahrt eure Eigenständigkeit und Vielfalt innerhalb acht starker Gemeinden; Kanton und Bund brauchen diese Eigenständigkeit, ohne die eine starke, geschlossene Eidgenossenschaft undenkbar wäre.»

1983

Als «Jahr der Freude und der Besinnung» wird 1983 ausgerufen – im Gedenken an den Kauf der ehemaligen Grafschaft Sargans durch die eidgenössischen Orte am 2. Januar 1483. Nach 500 Jahren also stellt man somit ein vielfältiges und umfangreiches Festprogramm auf die Beine: einen Sporttag, Volksfeste in Bad Ragaz und Sargans, einen Verkehrstag rund um den Bahnhof Sargans (mit Dampffahrten zur Eröffnung der neuen «Schleifenlinie» ins Rheintal). Auf Schloss Sargans wird das Museum Sarganserland neu eröffnet (und 1984 mit dem Preis «Museum des Jahres in Europa» ausgezeichnet), zudem nimmt die bis heute bestehende Gewerbeausstellung Siga ihren Anfang. Am 4. September 1983 findet in Sargans ein grosser Festumzug mit 91 teilnehmenden Nummern statt. Im Jubiläumsjahr erscheinen zahlreiche Publikationen zum Thema und die Medienpräsenz (zum Beispiel die Fernsehsendung «Chumm und lueg» vom Melser Dorfplatz) ist hoch.

1998

Am Ende des 20. Jahrhunderts ist die (ostschweizerische) Medienlandschaft im Umbruch. Der «Sarganserländer» geht mit der Zeitung «Südostschweiz» eine neue Zusammenarbeit ein und übernimmt aus der -Redaktion in Chur Mantelseiten (Themen, Ausland, Wirtschaft und Sport), stellt den lokalen und regionalen Teil mit einer stark aufgestellten Redaktion aber weiterhin selbst her. Wichtiger noch ist die Einstellung der Konkurrenzzeitung «Oberländer Tagblatt» (bestehend seit 1974) – über Jahre ein Kontrapunkt in der sarganserländischen Berichterstattung. Schon in früheren Jahrzehnten bestehen neben dem (konservativen
und parteimässig der CVP nahestehenden) «Sarganserländer» etwa die liberale «Sarganserländische Volks–Zeitung» oder der «Freie Oberländer».

2019

Nicht nur gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch verändert sich das Sarganserland in den vergangenen 150 Jahren, sondern auch, was die Natur betrifft. In einer symbolischen Aktion wird im September 2019 der Pizolgletscher beerdigt, weil er bis auf einen kümmerlichen Rest verschwunden ist. Umweltorganisationen, aber auch Forscher renommierter Institute wie der ETH Zürich schreiben die Ursache dem Klimawandel zu. Jedenfalls ist der Gletscher am 2844 Meter hohen Pizolgipfel derart geschrumpft, dass er nicht mehr vermessen werden kann. Er ist damit in guter Gesellschaft mit anderen Kleinstgletschern im Land, denen die -immer wärmeren Temperaturen und die immer spärlicheren Niederschläge arg zusetzen.